Chaos bei der Ausgabe der Steuer-ID

Seit August läuft die Ausgabe der bundeseinheitlichen Steuer-ID - allerdings längst nicht so reibungslos, wie sich das die Finanzverwaltung vorgestellt hat.

Gut ein Jahr später als eigentlich geplant hat im August der Versand der bundeseinheitlichen Steueridentifikationsnummer (Steuer-ID) an alle Bürger begonnen. Die wichtigsten Informationen zur Steuer-ID hat das Bundesfinanzministerium zusammengefasst:

Die Steuer-ID ist für die Finanzverwaltung vorgesehen. Eine anderweitige Verwendung der Daten ist derzeit nicht zulässig. Aus den elf Ziffern der Steuer-ID können keine Rückschlüsse auf den Bürger gezogen werden können.

Gespeichert werden Familienname, frühere Namen, Vornamen, Doktorgrad, Tag und Ort der Geburt, Geschlecht, gegenwärtige oder letzte bekannte Anschrift, zuständige Finanzbehörden und Sterbetag.

Jede natürliche Person erhält eine Steuer-ID, die ein Leben lang erhalten bleibt. Sie wird ab Geburt verliehen, auch wenn in der Regel so früh noch keine Steuerschuld entsteht, und bleibt bis zu 20 Jahre nach dem Tod erhalten.

Bis zum 31.12.2008 werden alle Bürger ein persönliches Mitteilungsschreiben erhalten, in dem die Steuer-ID und die gespeicherten Eckdaten mitgeteilt werden.

Ein Monat nach Beginn der Versandaktion zeigt sich allerdings, dass das Projekt mit der einjährigen Verzögerung noch längst nicht alle Probleme hinter sich gebracht hat:

Falsche Angaben: Einige Kommunen berichten, dass viele Bürger Bescheide mit falschen Angaben erhalten haben. Vor allem bei Geburtsnamen und -orten gibt es Probleme. Besonders hart getroffen hat es die niedersächsische Stadt Stade: Ein Renter wurde laut Bescheid in "Hamburg, Kasachstan" geboren und erhielt "Ficken" als Nachnamen, in einer urdeutschen Familie stammt die Mutter plötzlich aus dem Iran, der Mann aus Russland und der Sohn aus Spanien. Viele hundert Bürger der Stadt haben sich mit solchen oder ähnlichen Problemen bei der Stadtverwaltung gemeldet. Auch der Bund der Vertriebenen klagt, weil beispielsweise Senioren, die vor dem Zweiten Weltkrieg in Königsberg geboren wurden, nun gebürtige Russen sind.

Veraltete Daten: Ursprünglich sollte der Versand der Steuer-IDs schon im Sommer 2007 beginnen, und die Kommunen hatten dafür am 31. Juli 2007 ihre Meldedaten an das Bundeszentralamt für Steuern geschickt. Seither haben die Kommunen fleißig sämtliche Änderungen an das Bundeszentralamt übermittelt, nur scheint sich dort niemand dafür interessiert zu haben: Allein in Stuttgart stapeln sich 15.000 Briefe bei der Stadtverwaltung, die nicht zugestellt werden konnten, weil die Empfänger inzwischen umgezogen oder verstorben sind. In Berlin rechnet man mit 150.000 und in München mit 70.000 Rückläufern. Betroffen reagieren vor allem Angehörige, wenn sie einen Bescheid für ein längst verstorbenes Familienmitglied erhalten.

Fehlerhafte Steuer-ID: Ebenfalls in Stade berichten Steuerberater davon, dass sieben von zehn Steuernummern in der Stadt nicht von einem Prüfprogramm akzeptiert würden.

Werbung vom Amt: Die Briefe mit den neuen Steuer-IDs werden als Infopost verschickt, um Briefporto zu sparen. Wer seine Post wegen des hohen Aufkommens an Werbebriefen erstmal nach der Frankierung vorsortiert, hat möglicherweise auch den Brief mit seiner Steuer-ID als Werbung ins Altpapier aussortiert. Im Zweifel hilft nur abwarten bis zum Jahresende. Ist bis dahin immer noch kein Brief aufgetaucht, muss ein neuer Bescheid beim Bundeszentralamt für Steuern angefordert werden.

Musterklage: Die Humanistische Union, ein Bürgerrechtsverband mit Tradition, hat beim Finanzgericht Köln eine Musterklage gegen die Zuteilung der Steuer-ID eingereicht. Auf seiner Website stellt der Verband außerdem den Entwurf für ein formloses Widerspruchsschreiben an das Bundeszentralamt für Steuern bereit. In der Steuer-ID sieht der Verband ein verfassungswidriges Personenkennzeichen und will zumindest die Zweckbindung der Steuer-ID auf steuerliche Zwecke besser festgeschrieben sehen.

Die vorläufige Bilanz der Ausgabe der Steuer-IDs fällt bis jetzt nicht besonders glorreich aus, auch wenn das Bundeszentralamt größere Probleme hartnäckig bestreitet. Doch erst wenn alle Briefe verschickt wurden, wird feststehen, ob die Aktion erfolgreich war oder die eigentliche Arbeit erst beginnt.

 
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